«Der WWF machte Furore»

Viele Jahre leitete Dieter Stumpf die Geschäfte des WWF Region Basel. Der aktuelle Geschäftsführer befragt ihn.

Frage: Bei Dieter Stumpf denkt man: Multiplex-Kino, Casino-Neubau, Wiese-Initiative …

Dieter Stumpf: Diese erfolgreichen Abstimmungskämpfe führte ich nach meiner WWF-Zeit. Da war ich von Gruppierungen und Parteien angestellt. Multiplex und Casino waren keine WWF-Themen. Das waren primär städtebauliche Fragen.

Am Ort, wo das Multiplex hin sollte, ist nun das Ozeanium geplant …

Ich meine, das ist ein veraltetes Tierschau-Konzept. Und wenn man denkt, was man mit diesen 100 Millionen beispielsweise mit einem weltweiten WWF-Meeresschutzprogramm alles erreichen könnte ... Gut, man will Umweltbildung machen. Das könnte der Zolli ja seit über vierzig Jahren im bestehenden Vivarium tun.

Denk mal an die vergangenen Zeiten.

Wenn ich zurückdenke, dann vor allem an die achtziger Jahre. Wir machten Furore: Einsprache gegen den Sondermüllofen der Ciba-Geigy, Rekurs gegen die Nordtangente bis ans Bundesgericht. Das Umweltschutzgesetz mit dem Beschwerderecht für Umweltorganisationen war neu und wir dachten: So, jetzt legen wir den Hebel um. Die andere Seite war überrumpelt.

Mein Vater war ein «Bändelherr», Inhaber einer Seidenbandfabrik, er verkehrte in den gutbürgerlichen Kreisen, wo er verständnislos gefragt wurde, was denn mit seinem Sohn los sei … Heute ist das völlig anders. So «frisch von der Leber» kannst du natürlich nicht mehr Umweltschutz machen.

Wir sind dann aber auf die Welt gekommen. Als wir vor Bundesgericht verloren und gesehen haben, wie beschränkt das Beschwerderecht ist. Aber zu Beginn gab es ja noch keine Rechtspraxis, das musste erst ausgetestet werden. So recht politisch wurde es erst mit dem Verbandsbeschwerderecht. Zuvor wurde ein primär aufklärerischer Umweltschutz betrieben.

Wie bist du zum WWF gekommen?

Nach dem Zoologiestudium arbeitete ich ab 1978 zuerst als Bibliothekar auf der nationalen WWF-Geschäftsstelle in Zürich. Wir waren damals etwa acht Personen. Mein Arbeitsfächer wurde schnell breiter – Artenschutz; Landwirtschaft, Jugendarbeit. Ich musste in den achtziger Jahren plötzlich als Basler Interims-Sektionspräsident einspringen. Mit der neu geschaffenen Funktion des angestellten Geschäftsführers habe ich diese Position übernommen. Insgesamt war ich 23 Jahre beim WWF.

Die grösste Niederlage war wohl die Nordtangente?

Ja, das war hart. Dass das Volk wenige Wochen nach dem Fanal von «Tschernobâle», ich meine die Brandkatastrophe von Sandoz in Schweizerhalle, das Projekt absegnete, das war nur schwer verständlich.

Welches war der grösste Erfolg?

Vielleicht, dass wir die Verbauung des Bäumlihofareals verhindert haben. Der grüne Trenngürtel zwischen Riehen und Basel ist bis heute erhalten geblieben. Es gab ja verschiedene weitere Versuche, Grünflächen zu überbauen – zuletzt die Stadtrandentwicklungen Ost und Süd. Alle abgelehnt. Die Baslerinnen und Basler wollen ihre Grünräume erhalten.

Was lief im Baselbiet?

Zunächst bestand dort kein Schwerpunkt. Später haben wir uns mit unseren «Landschäftlern» Andreas Hirsbrunner und der letztes Jahr verstorbenen Landrätin Jacqueline Halder mehr im Baselbiet eingebracht. Im Falle der Überbauung auf der Wasserfallen haben wir auch gewonnen.

Was siehst du als Lebenswerk?

Allgemein: die Rettung der Furka-Bergstrecke als Dampfbahnlinie. Ich habe 1983 die Lawine losgetreten. Ich ging den damaligen Nationalrat Silvio Bircher an. Daraus entstand ein kleines Komitee mit Leuten aus ganz Europa. Als der Verwaltungsrat der Bahn den Abbruch der Bahnlinie beschloss, organisierten wir einen Protestausflug. Es gab einen Medienrummel. Letztlich haben wir den Abbruch der Strecke verhindert.

Mir liegt zurzeit in Basel ein Problem am Herzen.

Sag es …

Die Baumfällungen: Wenn ich sehe, was ehemalige Baumschutzparteien wie Grüne und SP im Grossen Rat alles durchwinken. Früher wurde wegen rund zwölf Bäumen, die für eine Erweiterung der Muba-Anlieferungszone gefällt werden sollten, das Referendum ergriffen. Heute werden für die 3er-Tram-Verlängerung nach St. Louis 82 Bäume gefällt. Der Margarethenstich kostet weitere zwanzig Bäume. Die Ersatzpflanzungen werden immer mehr zum Schmiermittel für Fällungen.

Wir haben das 3er-Tram geprüft. Da war nichts zu machen.

Es ist auch nicht gegen den WWF gerichtet, sondern nur ein allgemeiner Aufruf an die Baumfreunde und Baumfreundinnen in der Stadt: Wehrt euch mehr für eure Bäume!

INTERVIEW: JOST MUELLER VERNIER

Juni 2015

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