Liebevoll hartnäckig
Kein Platz für die Natur im Raum Basel? Der Chemiker Fritz Raschdorf hat ihn gefunden, mit Beharrlichkeit und vielen Gleichgesinnten.
Im Basler Hirzbrunnenquartier hängen die Bäume über die Strasse, Vögel fliegen beim Vorübergehen auf, Kinder spielen in den Gärten. Ein Idyll von einem Quartier. Das Einfamilienhaus von Fritz Raschdorf und seiner Frau Hannelore steht zwischen grossen Bäumen an der Kleinriehenstrasse. Fritz Raschdorf empfängt mich vor dem Haus.
«Schauen Sie, Herr Müller», sagt er, «ich bin besorgt. Wir wohnen hier in einer Gartenstadt nahe dem Zentrum. Viele junge Familien ziehen ein und nutzen die verkehrsarmen Strassen und die Gärten. Noch ist das Erscheinungsbild des Quartiers intakt. Dies wird sich wohl ändern, denn die Regierung will Auf- und Anbauten an den Häusern zulassen. Es zeichnet sich ab, dass Baugesuche mit wenig Ehrfurcht und Gefühl zum Nachteil für die Wohnlichkeit und die Natur genehmigt werden.»
Ich verstehe ihn. Heisst Verdichtung nicht Sicherung oder Verbesserung der städtebaulichen Qualität? Der allgemeine behördliche Aufruf zum Ausbau und zur Aufstockung hat nicht nur Fritz Raschdorf irritiert.
Einsatz für Eichen und Gärten
Erstmals getroffen haben wir uns vor rund zehn Jahren, als 250 Jahre alte, kerngesunde Eichen in den Langen Erlen geholzt wurden. Einige der Bäume konnten wir retten.
Zusammen setzten sich Fritz Raschdorf und der WWF auch mit Petitionen gegen das Golfplatzprojekt auf dem Mattfeld in der Wiese-Ebene zwischen Basel und Weil ein. Das Vorhaben ist längst begraben.
Engagiert war er auch bei den erfolgreichen Abstimmungen über die «Stadtrandentwicklungen». Die Gärten im Osten der Stadt konnten für Gartenrotschwanz und Geburtshelferkröte gerettet werden und das Naturschutzgebiet am Rheinbord bleibt intakt.
Aus Schlesien über Berlin nach Basel
Fritz Raschdorf lebte die ersten zehn Kindheitsjahre in Schlesien, nahe dem heute polnischen Wroclaw (damals Breslau). Auf dem etwa hundert Hektaren grossen Hof des Grossvaters verbrachte er viel Zeit. Die Liebe zur Natur entstand in jungen Jahren. Gerne wäre er auch Bauer geworden. Nach dem Krieg musste die Familie wegziehen und fand in Schleswig-Holstein ein neues Zuhause.
Nach dem Chemiestudium in Berlin und verschiedenen Laborstellen nahm er 1968 eine neu geschaffene Stelle in der Abteilung Physik der damaligen Ciba in Basel an. Seit der Pensionierung kann sich der heute 82 Jahre alte Fritz Raschdorf ganz der Natur widmen.
Einsatz für die Natur
Anfang der Achtzigerjahre durchstreifte Fritz Raschdorf in der Freizeit mit einem Ciba-Kollegen Basels Umgebung nach Naturschätzen. Die beiden untersuchten auch die ausgedehnte Hupfer-Grube vor den Toren Basels bei Weil. Sie waren erstaunt über die vielseitige Vogelwelt und dokumentierten sie. Die ausgebeutete Kiesgrube war auch botanisch schützenswert.
Fritz Raschdorf fasst den langjährigen Prozess zusammen: «Die Stadt Weil am Rhein und das Bundesland unterstützten die Idee einer Unterschutzstellung. Und das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten unter Dr. Gerhard Weiser in Stuttgart befand das Gebiet 1985 für schützenswert. Schliesslich brachte das Land Baden-Württemberg für den Kauf der Grube einiges Geld auf. Das Gebiet steht seit 2003 unter Naturschutz. Ein grosser Erfolg.»
Nach der Ernennung zum Reservatsleiter durch die Stadt Weil konnte man den pensionierten Fritz Raschdorf fast täglich bei Pflegearbeiten in der Grube antreffen. Heute wird das Naturschutzgebiet vom TRUZ (Trinationales Umweltzentrum Weil am Rhein) betreut.
Andere Projekte
Fritz Raschdorf engagierte sich auch für zahlreiche weitere Naturschutzareale. So legte er 1994 zusammen mit dem Natur- und Vogelschutzverein Birsfelden verschiedene Weiher in der Hard für Amphibien an.
Eine grosse Freude ist ihm das Biotop in Birsfelden gleich beim Kraftwerk, das mit Hingabe vom Natur- und Vogelschutzverein Birsfelden gepflegt wird. Unmittelbar am Rhein gelegen, zieht das Biotop mit seinen Weihern und der Blumenvielfalt viele Zugvögel an.
Zahlreiche Helfer
Das Erfolgsrezept? Fritz Raschdorf überlegt: «Man muss hartnäckig sein, mit Liebe hartnäckig sein. Dann ist auch dank Sponsoren viel zu erreichen.»
Er verabschiedet sich nach dem Gespräch mit den Worten: «Jetzt hab ich nur von mir erzählt. Ich will mich hier nicht allein ins gute Licht stellen. Es waren viele Personen, die mitgeholfen haben und die ich hier nennen müsste.»
Text: Jost Müller Vernier
Zuerst erschienen im WWF Magazin Region Basel vom September 2016.